Vom Orangeriegebäude in den Orangeriegarten – das Ausräumen der Schönbrunner Orangerie

Jedes Jahr im Frühjahr werden die nicht frostfesten Pflanzen aus dem Orangeriegebäude im Schlosspark Schönbrunn ausgeräumt. Heuer wurden ab Ende April 1660 Einzelpflanzen in 110 verschiedenen Arten und Sorten von den Gärtnerinnen und Gärtnern der Österreichischen Bundesgärten aus dem Orangeriegebäude hinausgeführt. 

Das Orangeriegebäude befindet sich im nordöstlichen Bereich des Schlossparks Schönbrunn. Das 189 Meter lange, nach Süden ausgerichtete Gebäude wurde um 1754 errichtet und erfüllt bis heute seinen ursprünglichen Zweck: das Überwintern von Pflanzen. Als im 17. Jahrhundert immer mehr subtropische Pflanzen in die Gärten nördlich der Alpen kamen, mussten Überwinterungsmöglichkeiten für diese nicht frostfesten Pflanzen geschaffen werden. Mit den Orangeriegebäuden entstand eine neue Bauaufgabe, deren Zweck sich zunächst ganz nach den Bedürfnissen der Pflanzen richtete. Langgestreckte, hohe Hallen, nach Süden durch hohe Fenster geöffnet und nach Norden geschlossen, bieten den Pflanzen den benötigten Schutz und ausreichend Licht, um den Winter unbeschadet zu überstehen. In vielen Orangeriegebäuden sorgen Rauchkanalheizungen für die entsprechende Temperierung von 5-10 °C. Das Schönbrunner Orangeriegebäude dient bis heute der Überwinterung mediterraner Pflanzen, ein Drittel des Gebäudes wird als Veranstaltungssaal genutzt.

Sobald die Temperaturen im Frühjahr dauerhaft ansteigen und keine Fröste mehr zu erwarten sind, werden die Pflanzen etwa ab Ende April, manchmal auch erst ab Anfang Mai aus dem Orangeriegebäude geräumt. Innerhalb von vier bis sechs Wochen werden die 1.660 Pflanzen zu ihrem Stellplatz im Orangeriegarten gebracht. Ein Teil der Pflanzen wird auch im Schlosspark aufgestellt, so zum Beispiel einige Phoenix-Palmen, die das große Parterre schmücken. Ausgeräumt wird nach „Frosthärte“ der Pflanzen, das bedeutet zuerst die frosttoleranteren, wie die Hanfpalme, der Immergrüne Schneeball oder die Efeuwände und dann die frostempfindlicheren. Auf diese Reihenfolge muss bereits beim Einräumen des Orangeriegebäudes im Herbst geachtet werden. Ebenso muss die Größe der Pflanzen berücksichtigt werden, denn im Orangeriegebäude stehen an der rückseitigen Nordwand die hohen Pflanzen und vorne die kleineren, damit alle ausreichend Licht bekommen.

Das Ausräumen der Orangeriepflanzen markiert zusammen mit dem Ausbringen der Sommerblumenbepflanzung im Parterre den Abschluss der besonders arbeitsintensiven Zeit im Frühjahr. In früheren Jahrhunderten wurde dieses Ereignis in zahlreichen fürstlichen Gärten als Fest begangen. In dieser Tradition veranstalteten die Österreichischen Bundesgärten heuer zum zweiten Mal die Feierliche Ausfahrt der Orangerie. In historischen Kostümen führten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Ausbringen der Zitrusbäume mit historischen Techniken vor. Die immer größer werdenden Orangeriepflanzen erfordern bis heute immer wieder angepasste technische Lösungen, um sie zu transportieren und umzukübeln.

Um 1900 hatte der Schönbrunner Hofgärtner Carl Diesner einen Transportwagen für Orangeriepflanzen geplant, der in der eigenen Tischlerei gefertigt worden war. Dieser Transportwagen wurde bis in die 1980er Jahre im Betrieb verwendet. Heute dient er musealen Zwecken und wird bei der Feierlichen Ausfahrt eingesetzt. Die Hauptattraktion war jedoch das Umpflanzen der großen Bäume mit einem Verpflanzbock. Vermutlich wurde auch der historische Verpflanzbock von Carl Diesner geplant. Von diesem existierte jedoch nur noch ein Foto und eine technische Konstruktionszeichnung. In einer Kooperation mit der Tischlerklasse des Evangelischen Gymnasiums Wien an der HTL Mödling wurde im Schuljahr 2018/2019 ein Nachbau des Verpflanzbockes für die Österreichischen Bundesgärten hergestellt. Die beiden Zitruskultivateure der Österreichischen Bundesgärten zeigten dem Publikum, wie das Umpflanzen der Zitrusbäume fachgerecht erfolgt. Gleichzeitig konnten die Besucherinnen und Besucher wertvolle Tipps für die Pflege ihrer eigenen Orangeriepflanzen bekommen.

Isabella Kanka und Claudia Gröschel

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