Schönbrunner Gartengehilfen am Kap der Guten Hoffnung

Im November 1785 machten sich schwer bepackt zwei Schönbrunner Hofgartengehilfen im Auftrag des Kaisers auf den Weg. Ihr Ziel war das Kap der Guten Hoffnung in Südafrika. Der eine, Franz Boos, war kurz zuvor von einer kaiserlichen Forschungsexpedition nach Südamerika zurückgekommen und aufgrund seiner erfolgreichen Sammeltätigkeit nun neuerlich ausgewählt worden, in die Ferne zu reisen. Sein Begleiter war der Gartengehilfe Johann Georg Scholl.

Die beiden Gärtner, Franz Boos und Georg Scholl, sollten zunächst Pflanzen und Tiere am Kap und später auch im Hinterland sammeln. Im Anschluss sollte Boos alleine zu den französischen Kolonien Mauritius und Réunion fahren und Scholl mit den gesammelten Pflanzen am Kap bleiben. Mit im Gepäck hatten die beiden Gärtner eine lange Liste von Pflanzen, die man sich für den kaiserlichen Garten in Schönbrunn wünschte.

Zunächst führte ihr Weg nach Amsterdam, wo sie sich einschiffen wollten. Da die Schiffe der Ostindischen Handelskompagnie bereits in See gestochen waren, mussten Boos und Scholl warten bis sie im Februar 1786 an Bord gehen konnten. Am 1. Juni 1786 kamen sie schließlich in Kapstadt an. Dank kaiserlicher Empfehlungsschreiben fanden sie ortskundige einflussreiche Unterstützer und konnten umgehend mit der Erforschung und dem Sammeln von Flora und Fauna der näheren und ferneren Umgebung beginnen. Im Februar 1787 reiste Franz Boos schließlich auf einem Schiff nach Mauritius weiter und ließ Georg Scholl mit einer großen Menge Pflanzen, Zwiebeln und Knollen,Samen, Herbarmaterial, lebender und ausgestopfter Vögel, Insekten und einiger Säugetiere in Kapstadt zurück. Scholl sollte während Boos‘ Abwesenheit diese Sammlung versorgen und schickte bereits Kisten mit Blumenzwiebeln und Samen zurück nach Wien.

Auf Mauritius wandte sich Boos an Jean-Nicolas Céré, Direktor des Königlichen Gartens in Pamplemousses. Diese Anlage diente als Akklimatisationsgarten, in dem zahlreiche Pflanzen aus Indien und Ostasien kultiviert und auf ihre Nützlichkeit für das Mutterland Frankreich getestet wurden. Hier setzte Boos seine Sammeltätigkeit fort, erhielt von Céré jedoch auch eine große Anzahl Pflanzen aus dem Garten Pamplemousses.

Von Mauritius unternahm Boos einen weiteren Abstecher auf die Insel Réunion. Wie zuvor auf Mauritius wanderte Boos mit gemieteten Sklaven über die gesamte Insel, sammelte Pflanzen, Insekten, Muscheln, Mineralien, aber auch Kleidung, Schmuck und Waffen der indigenen Bevölkerung. Am 20. Jänner 1788 erreichte Boos an Bord eines Schiffes des französischen Kapitän Baudin mit seinen Schätzen wieder Kapstadt. Nach kurzem Aufenthalt wollte er gemeinsam mit Scholl und den zurückgelassenen südafrikanischen Sammlungen mit dem nächsten Schiff nach Europa zurückfahren. Da Scholl während Boos‘ Abwesenheit jedoch unermüdlich weiter das Hinterland durchforstet hatte, war die Sammlung mittlerweile so groß geworden, dass nicht alle Gegenstände mitgenommen werden konnten.

Im Februar 1789 verließ Boos mit zwei Zebras, elf Affen, 250 Vögeln, zehn Kisten voller ausgestopfter Vögel, Tierhäuten sowie unzähligen Blumenzwiebeln, Samen und getrockneter Pflanzen an Bord Südafrika und kehrte im August 1789 nach Schönbrunn zurück. Erneut musste Scholl in Kapstadt bleiben, um die zurückgebliebenen Teile der Sammlung zu betreuen, und sollte dann mitsamt der Sammlung auf dem nächsten Schiff nach Europa zurückkommen. Aufgrund von Unruhen in den Österreichischen Niederlanden, des Russisch-Österreichischen Krieges gegen die Türkei sowie der französischen Revolution 1789 war der Seeweg nach Europa zunächst unterbrochen. Später war es nicht möglich, einen Transport für die gesamte Sammlung zu bekommen. Scholl saß nun in Kapstadt fest und sandte bei jeder Gelegenheit Kisten voller Blumenzwiebeln und Samen nach Schönbrunn. Im Jänner 1799 brachte er die letzte Kiste mit Zwiebelpflanzen auf den Weg nach Wien. Im Herbst 1799 kam er dann selbst, nach 14 Jahren in Südafrika, endlich wieder zurück nach Schönbrunn.

Claudia Gröschel

Mehr zu diesem Thema

Hier können Sie Ihre Auswahl nach Elementtypen einschränken.