Hinter den Fenstern des Orangeriegebäudes

Das Schönbrunner Orangerieparterre liegt leer und verlassen da, zuweilen sogar unter einer Schneedecke. Die Orangeriegärtner (Orangeriegärtnerinnen gibt es zurzeit nicht in Schönbrunn) waren im Herbst wochenlang damit beschäftigt, die frostempfindlichen Pflanzen in das Orangeriegebäude einzuräumen. Im Sommer konnten die Parkbesucherinnen und -besucher die Orangeriegärtner immer wieder bei ihren täglichen Arbeiten beobachten. Doch was machen sie im Winter?

Tritt man während der kalten Jahreszeit durch das große eiserne Tor in das 1.200 m² große Schönbrunner Orangeriegebäude, steht man vor einer grünen Wand. Dicht an dicht gedrängt stehen Palmen, Feigen, Myrten, Eugenien, Lorbeer, Oleander und viele andere subtropische Pflanzen. Im Bereich der Fenster stehen kleine Pflanzen, Richtung nördlicher Rückwand werden die Pflanzen immer größer, viele stehen auch auf eisernen Stockerln. Der Lichteinfall wird auf diese Weise optimal genutzt. Auch die Pflanzen, die an der Rückwand zehn Meter entfernt von den Fenstern stehen, bekommen noch ausreichend Licht. Zwei schmale Wege über die gesamte Länge der Pflanzenhalle sind frei. Der vordere Weg verläuft über dem Heizungskanal, dessen Eisenplatten so heiß werden, dass keine Pflanzen daraufgestellt werden dürfen. Die von den Fenstern zur Rückwand verlaufenden Eisenplatten werden ebenfalls als Wege genutzt.

Der Winter ist in der Natur die ruhigere Zeit, es bleibt jedoch immer noch genug zu tun. Die Arbeiten in der Sammlung der Orangeriepflanzen sind nun andere. Im Sommer ist das Gießen und Düngen eine der Haupttätigkeiten. Im Winter werden Gießmenge und –intervalle dagegen stark reduziert. Das Orangeriegebäude ist auf etwa 5 bis 10 °C temperiert. Die Pflanzen werden so in eine Art Winterruhe versetzt, dementsprechend gering ist auch der Wasserbedarf.

Stattdessen ist nun eine der Hauptaufgaben das Putzen. Im Orangeriegebäude ist die Luftfeuchtigkeit deutlich höher als im Sommer im Orangerieparterre. Die Pflanzen sind nun wesentlich anfälliger gegenüber Pilzkrankheiten. Abgestorbene Äste und Blätter werden daher ständig entfernt. Ebenso wird regelmäßig das gesamte Orangeriegebäude gekehrt, damit in heruntergefallenen Pflanzenteilen keine Pilzherde entstehen können.

Eine wichtige Vorbeugemaßnahme gegen die Infektion der Pflanzen mit verschiedenen Pilzkrankheiten ist auch das regelmäßige Lüften. Hier gilt es einerseits die Luftfeuchtigkeit zu senken, andererseits müssen die Pflanzen vor Zugluft und zu großer Kälte geschützt werden. Die händisch betriebenen Lüftungsklappen werden daher nur tagsüber bei mildem Wetter und Sonnenschein von den Orangeriegärtnern geöffnet.

Fallen die Außentemperaturen unter den Gefrierpunkt, muss die Rauchkanalheizung aktiviert werden. Diese wird traditionell mit Holz aus dem Park Schönbrunn betrieben. Während der Heizperiode brennt das Feuer durch. Im Sechsstundenrhythmus wird Holz nachgelegt, auch in der Nacht und am Wochenende. Die Gärtnerinnen und Gärtner der Parkabteilung liefern regelmäßig Holz nach, das unweit der Abgänge zu den Heizkammern aufgestapelt ist. Aufgrund der wärmeren Winter wird meist nur noch einer der sechs Öfen befeuert.

Die etwas ruhigere Zeit im Winter wird auch für Instandhaltungsarbeiten genutzt. Nach Bedarf werden Kübel gestrichen und kleinere Pflanzen umgetopft. Beim Einräumen der Pflanzen im Herbst wird für derartige Arbeiten ein Rangierraum freigelassen. Das Umkübeln großer Pflanzen erfolgt jedoch erst im späten Frühjahr, da im Orangeriegebäude dafür kein ausreichender Platz vorhanden ist. Nach dem Ausräumen werden diese Pflanzen bei Bedarf auf dem Betriebsgelände des gegenüberliegenden Reservegartens umgesetzt.

Im Spätwinter, wenn keine starken Fröste mehr zu erwarten sind, werden dann Eugenien, Lorbeere und andere Pflanzen geschnitten. Je nach späterer Verwendung bekommen sie in Säulen- oder Kugelform. Von den Mutterpflanzen werden Stecklinge für die eigene Vermehrung geschnitten.

Allmählich wird jetzt das Ausräumen vorbereitet. Die langsam steigenden Temperaturen lassen auch die tierischen Pflanzenschädlinge wieder aktiv werden. Woll-, Schild- und Blattläuse können nun wieder auftreten. Nach dem Einräumen im Herbst erfolgte bereits bei Bedarf eine Behandlung gegen diese Schädlinge, die im Frühjahr wiederholt wird.

Bevor die Pflanzen im Orangerieparterre aufgestellt werden können, muss hier das bereits aufgegangene Unkraut entfernt und eventuelle Bodenunebenheiten an den Pflanzenstandorten begradigt werden.

Sobald die Witterung und die langfristige Wettervorhersage es zulassen, beginnt dann gegen Mitte April wieder die intensive Zeit. Während etwa vier Wochen erfolgt das Ausräumen der Orangerie. Begonnen wird mit den unempfindlichen Pflanzen. Beim Einräumen und Aufstellen der Pflanzen im Herbst muss daher die Reihenfolge des Ausräumens im Frühjahr mitbedacht werden.

Befinden sich alle Pflanzen im Orangerieparterre, wird die große Pflanzenhalle grundgereinigt. Im westlichen Bereich wird die kleine Ausstellung zur Orangeriekultur mit historischen Werkzeugen, Geräten und Infotafeln aufgebaut. Ab Ende April ist das Orangeriegebäude dann wieder für die Besucherinnen und Besucher zugänglich.

Claudia Gröschel

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